Sexplosion im Maschinenraum

Zweiter Tag der Porno-Werkstatt. Heute schildern wir eine zünftige Orgie.

Auf dem Weg zur Kellerbar nehmen Roderich und Paul mich in die Mitte.

"Weiber!" schnarrt der Roderich verächtlich und lädt uns zu einem zünftigen Kameradschaftsabend ein, mit Saufen auf Kommando, ausgezogenen Stiefeln und Zoten aus dem Truppenalltag.

"Also ich bin ziemlich blank", entschuldige ich mich. "Außerdem muss ich Jacqueline abholen." Allmählich fällt mir wieder ein, weshalb ich eigentlich hier bin.

"Am nötigen Kleingeld soll es nicht fehlen." Roderich lüftet kurz den Deckel seines Aktenkoffers und gibt den Blick auf dicht gepackte Geldscheinbündel frei.

"Gebrauchte 50-€-Scheine, alles andere wäre nachverfolgbar.", erklärt der Parteipolitiker und bekommt den Kofferdeckel nicht wieder richtig zu.

Aus den oberen Etagen ist Lärm zu hören. Wohlbeleibte Frauen in beträchtlicher Anzahl strömen die beiden Treppenhäuser herab und quellen aus den Fahrstühlen.

"Alles Ricarda-Lang-Doubles", erkläre ich meinen Begleitern auf deren fragende Blicke. Und die Damen sind offensichtlich schlecht gelaunt, fluchen und schubsen sich gegenseitig. Da ist ja auch Jacqueline. Ihr Makeup ist verlaufen, sie hat geweint und fällt mir in die Arme, soweit das ihr zeltartiges Kleid und die Kissen darunter erlauben. Meine alte Schulfreundin hatte sich auch beworben. Heute früh habe ich sie zur Schneiderin gefahren, dann zur Visagistin und danach ins Hotel zum Casting.

"Und wie war dein Tag?" frage ich ein wenig scheinheilig. Jacqueline erzählt von gespielten Pressekonferenzen, in denen sie sich absurd dumm anstellen mussten. Dann wurden Reaktionen auf Proteste geprobt, bei denen es dem Casting-Team ein Vergnügen war, die Damen zu demütigen und mit Lebensmitteln zu bewerfen. Dafür war das Catering des Castings vegan und viel zu knapp bemessen.

Die beleibten Damen stehen nun erkennbar hungrig in den Gängen des Restaurants umher. Aus Wortwechseln mit den Gästen werden Pöbeleien und Beleidigungen, erste Handgreiflichkeiten werden ausgetauscht. Das Servierpersonal will schlichten und wird geohrfeigt. Jaqueline zieht es zur Salatbar, wo sie sich einen großen Teller mit Salaten, Sprossen und sämiger rötlicher Dressingsoße füllt.

Der Oberkellner erscheint und will ihr den Teller entreißen, was ihm nicht gelingt. Meine Ex-Schulkameradin drückt mir den Teller in die Hand. (Warum halte ich hier eigentlich immer die Requisiten?) Doch sie geht nicht auf den Ober los, sondern auf Kiesewetter, der die Zerrerei um den Teller mit seinem Handy aufgenommen hat. Jaqueline entreißt ihm das Mobiltelefon und trampelt darauf herum. Der Politiker schlägt mit seinen eher kleinen Fäusten auf Jaqueline ein, was einige weitere Ricarda-Lang-Doubles dazu veranlasst, Kiesewetter zu Boden zu ringen. Ronzheimer mischt sich ein und brüllt sinnlose Beleidigungen. Eine kampfstarke Reckin schlägt ihm mit Kiesewetters Aktenkoffer auf den Stahlhelm, worauf das Behältnis aufspringt und zahllose braunrote Geldscheine freigibt. Nun ist das Chaos perfekt, aber wo bleiben die spicy Momente? Da muss ich nachher mal den Lehrgangsleiter fragen.

 

Im Schulungsraum der Porno-Akademie Sachsen-Anhalt Süd ist es dem ältlichen Dozenten endlich gelungen, den Beamer in Gang zu bringen. Das erste Bild einer Powerpoint-Präsentation erscheint auf der Leinwand. Der Dozent begrüßt die Teilnehmer*Innen und dankt den Sponsoren: der Landesinitiative "Schweinisch gutes Sachsen-Anhalt" und dem Bundesprogramm "Kein Sex mit Nazis".

"Kommen wir nun zu die Themata von unsere heutige Schuhulung." (Dieser Satz ist geklaut, weiß noch jemand wo?) Jedenfalls soll es heute um Gruppendynamik und Rudelbildung gehen, bis hin zu Massenszenen:

"Gerade wenn es spicy werden soll, muss der Scheinwerfer auf die Figuren gerichtet sein. Es sollte von ihnen abhängen, welche Worte verwendet werden, welche Geräusche zu hören sind und welche Gerüche verströmt werden." Der Dozent gönnt sich einen Schluck Mineralwasser und rät dann:

"Fallen Sie möglichst nicht mit der Tür ins Haus. Immer von Außen nach Innen arbeiten, ich nenne es die Specht-Methode."

Die monotone Stimme, das leise Surren des Projektors, allmählich schlummere ich ein.

 

"Nenn mich 'mein fleißiger kleiner Fickspecht'!", fordere ich von Jacqueline, die mich fragend anschaut. Dann beteiligt sie sich daran, Ronzheimer über die Außenterrasse zum Hotelpool zu schleifen. Dort zerschlagen die Damen eine Flasche Hugo auf seinem Helm, taufen ihn auf den Namen 'transatlantischer Fick-Flugkörper' und lassen ihn zu Wasser.

"Hilfe, ich kann nicht schwimmen!", schreit der Kriegsreporter panisch.

"Das hättest du dir früher überlegen sollen", sagt die Schackeline und kehrt zu mir zurück.

"Komm Fickspechtchen, wir gehen!" Doch inzwischen sind Rettungskräfte und Polizei eingetroffen und versperren die Ausgänge. Die Damen weichen in die Küche zurück, wo sie einen übergewichtigen Koch beglücken. (englisch: the cook) Jaqueline und ich versuchen, über die Terrasse zu entkommen, doch das Gelände ist umstellt.

Schlimmer noch, einige Häscher machen Jagd auf eine junge Dame in Schwarz. Doro schlägt einen Haken und schubst Jaqueline gegen einen der Zivilbullen. Dann flieht sie über die Personaltreppe nach oben.

"Das ist Doro, eine ganz tolle Frau, wir müssen ihr helfen!" Jaqueline schaut mich ratlos an, doch ich weiß schon, wo wir suchen müssen: in der Besenkammer im vierten Stock. Dort berichtet die Theologin, wie die Strack-Zimmermann beim Vollzug der "Sache selbst" einen Schlaganfall erlitten hatte. Die transatlantischen Privat-Geheimdienstler hielten Doro für eine russische Attentäterin, doch die Priesterin konnte entkommen.

In der Besenkammer entkleidet sich Jaqueline bis auf ihre ganz reizende babyrosa Reizwäsche und hilft Doro in das ausgestopfte Kostüm. Dann fordert sie mir Autoschlüssel und Parkkarte ab, verabschiedet sich augenzwinkernd. Auf dem Flur begegnet ihr ein Sanitäter, der ihr eine Decke mit dem Aufdruck 'ASB Südharz' spendiert.

Die Leiharbeitsfirma hatte den Sicherheitskräften inzwischen die komplette Liste der korpulenten Bewerberinnen zur Verfügung gestellt, so dass wir bald das Hotel verlassen können. Die Straßenbahn bringt uns zum Hauptbahnhof, wo uns das dortige Stammpublikum gleich johlend begrüßt.

Fotos: Pixabay

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