Unter dem Motto Kirche träumen fand am 25.03.2023 in der St.Briccius-Gemeinde Halle-Trotha ein ökumenischer Bibeltag statt. Gelesen
wurde die Apostelgeschichte nach Lukas und die beginnt bekanntlich mit Christi Himmelfahrt: der Gottessohn hebt ab in eine Wolke, es folgt das Pfingstwunder mit der Ausgießung des Heiligen
Geistes. Eine weitere jüdische Sekte entsteht, deren Mitglieder werden rundum getauft, vereinbaren Gütergemeinschaft, gemeinsame Mahlzeiten strukturieren den Tagesablauf. Wunder geschehen,
Lahme gehen wieder, Psychosomatiker werden beschwerdefrei.
Die ersten Abweichler fallen tot um, Stephanus wird von der Staatsmacht gesteinigt, Saulus wandelt sich zum Paulus. Die Apostel gehen auf
umfangreiche Missionsreisen. Bücher und Briefe entstehen, im Kern sind es fiktionale Texte nach dem Motto: was wäre, wenn der lange versprochene Messias wirklich erschiene? Er würde bald von
Staats wegen ans Kreuz genagelt. Um dann doch noch etwas mitzuteilen, müsste er auferstehen, was gleichzeitig ein Gottesbeweis wäre.
Den Menschen der Antike war klar, dass Auferstehung nichts für Hinz und Kunz war. Dass nur Götter wieder auferstehen können, war auch in der
nordischen Sage Allgemeingut. Etwa als die finsteren Zwerge Fjalar und Galar den Halbgott Kvasir (zuständig für Dichtkunst und Gelehrsamkeit) ermordeten. Den empörten Göttern gaben sie seinen
ausgebluteten Leichnam mit den Worten zurück: Vielleicht ist er ja Gott genug, dass ihr ihn auferstehen lassen könnt?
Jesus wenigstens hatte den Gottestest bestanden, wovon seine Apostel nun beredt kündeten. Parallel dazu entstanden reale urchristliche Gemeinden im
Mittelmeerraum. Zu bieten hatten sie materielle Umverteilung, Gesundheits-Dienstleistungen und Mitbestimmung in der Gemeinde. Gefordert waren tätige Mitabeit nach den individuellen Fähigkeiten
und Verkündigung der Frohen Botschaft.
Auferstehung gab es für Normalos höchstens beim Jüngsten Gericht. Bis dahin galt es, sich selbst "gegen den Tod im Leben" zu wehren, im öffentlichen
Leben, am Arbeitsplatz, besonders in Zwangsdiensten.
"Vieles, was man Gott nennt, ist in Wahrheit schlechte Politik", sagt Dorothee Sölle.
„Wir sind Protestleute gegen den Tod“, schreibt Kurt Marti, dessen neues Kirchenlied "Das könnte den Herren der Welt ja so passen", auch an jenem
Nachmittag in Trotha gesungen wurde:
"Wahrheit will wohnen", schreibt Erhard Kästner in seinem Athos-Buch, "und sie kann nicht anders wohnen als im Bild, im Wort, im Gedicht." Seit den Zeiten des Pontius Piatus können Tabus nicht einfach so ausgesprochen werden. Wir könnten auch heute nur ein Mal über Annette Kurschuß oder Hans-Joachim Maaz sprechen, aber problemlos ein neues Kirchenlied anstimmen, etwa „Die Liebe geht zu Fuß“, von Kurt Marti, dem ein Osterspaziergang zum „Ostermarsch der Ohnmächtigen“ wird.
Literatur
Das neue Testament, in diversen Ausgaben, auch online.
Erhart Kästner. Die Stundentrommel vom heiligen Berg Athos. Suhrkamp Stuttgart 1974.
Neil Gaiman. Nordische Mythen und Sagen. Bastei Lübbe Köln 2019.
https://bundes-esg.de/hohesundtiefes
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