Gegen ADHS ist kein Kraut gewachsen

Dass der Text von "Kräuterkunde - Das Standardwerk" gut abgelagert ist, haben schon andere Kritikerinnen vermerkt. So unbeholfen wie von Storl beschrieben, war das US-Publikum vielleicht Anfang der 1990-er Jahre. Heute ist dort ein eher pragmatisches Verhältnis zu dem vorherrschend, was wir Hausmittelchen nennen.
Das Buch ist durchaus logisch gegliedert, Storl hält sich aber nicht an seine eigene Gliederung, kommt vom Hundertsten ins Tausendste, schreibt alles auf, was ihm gerade einfällt. Das beginnt schon in den beiden Vorworten. Das eine ist eine Schelte der Schulmedizin, das Andere eine Tierfabel.

Dann kommen die Gaia-Hypothese, Rauschmittel, traditionelle chinesische Medizin, indische Ayurveda, germanisches Brauchtum, dazwischen eher kleine Fotos von beliebten einheimischen Heilpflanzen, längst nicht so brilliant, wie es heute in Standardwerken so Standard ist. Weiter geht es mit Bewertungen von Pflanzenbüchern der 1970-er und 1980-er Jahre, die heute kaum noch jemand kennt. Dann kommen  Dosierungsfragen dran, jemand hat eine Digitalis-Vergiftung, die Kirchen geraten in die Kritik, die US-Drogenbehörde und das Bundesgesundheitsamt der 1980-er Jahre bekommen auch ihr Fett weg.
Plötzlich geht es um die Jahreszeiten, die vier Elemente der Alchemisten, endlich um einzelne Krankheitsbilder.
Wenn schon der Lehrer unter Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADHS) leidet, ist von den Schülern kaum mehr zu erwarten.
Dabei gibt es durchaus auch praktische Tipps im Buch, etwa bei überbeanspruchten Augen verdünnten Schöllkrautsaft von außen auf die Augenlider aufzutragen. (Bloß nicht in die Augen schmieren!) Es steht zwar nicht da, in welcher Konzentration, aber mir scheint es zu helfen. Vielleicht wirken aber auch nur die geschlossenen Augen wohltuend, die bei derartigen Büchern immer zu empfehlen sind. Berwertung zwei Sternchen - gerade mal so.

Wolf-Dieter Storl
Kräuterkunde - Das Standardwerk
Aurum-Verlag Bielefeld 2020, 24,- €